Freitag, 14. Oktober 2011
Krankenhaus
gleyfin, 21:53h
Wir kamen in die Straße gebogen und sahen seinen Wagen schon aus der Ferne vor unserem Haus stehen.
Als wir in die Küche kamen, war er gerade am Essen. Wir sollen uns fertig machen, sagte er, während er sein Brot verschlang. Schnell schmierte er auch meinem Bruder etwas für die Hand.
Ich wollte nichts essen.
''Ich fahre schnell meine Tochter abholen.'' rief er dann, als er schon halb zur Tür raus war.
Mir klappte der Mund auf.
Genervt setzte ich mich an den Computer, um einige Seiten meiner Geschichte für meine Mutter auszudrucken.
Neun Seiten.
Mehr nicht.
Der Drucker brauchte lange.
Ich saß zurückgelehnt im Sessel und starrte mal an die Decke, mal aus dem Fenster.
Verträumt betrachtete ich die malerischen Wolken, während neben mir der Drucker ächzte.
Alles wartete auf mich und mir war es egal.
Als ich mich schweigend in den Wagen gesetzt hatte, schob ich mir hektisch meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Musik laut auf, damit ich nichts zu hören bekam.
Müde schaute ich aus dem Fenster, sah, wie alles an mir rasendschnell vorbeizog
und schlief ein.
Als ich wieder erwachte, blendete die Sonne mich.
Immer noch war der Himmel wunderschön.
So unnatürlich.
Ich machte die Musik aus, lies jedoch die Kopfhörer in den Ohren, um ungestört zu bleiben.
Wir brauchten eine scheinbare Ewigkeit, bis wir im Krankenhaus waren. Staus und Umleitungen, ein dümmliches Navigationssystem und meine Allergie gegen Klimaanlagen führten dazu, dass ich mich unglaublich schlecht fühlte.
Alles in mir schrie nach frischer Luft, festem Boden unter den Füßen und Schlaf.
Alles in mir zog sich zusammen.
Als ich kurz vor dem Erbrechen war und mir der Gedanke durch den Kopf schoss, dass gar nicht die lange Autofahrt, sondern die Angst, sie als ein Häufchen Elend vorzufinden, Grund für meine Übelkeit sein könnte, waren wir endlich da und ich verdrängte diesen Gedanken schnell wieder.
Und wieder ließ ich mir viel Zeit und schlich den Anderen hinterher.
Als wir im Gebäude waren, nahm ich nicht viel wahr. Ich folgte lediglich den hallenden Schritten vor mir durch verwinkelte Gänge.
Vor einer Tür blieben wir dann stehen.
214.
Ich trat als Letzte in den Raum.
Zwei Frauen strahlten uns fröhlich aus Krankenbetten an.
Die eine war fremd, die andere meine Mutter.
Noch ein mal kam mir der Gedanke, dass es ihr elendig gehen könnte, doch ich war erleichtert, als ich ihr die rasche Genesung ansah.
Wir begrüßten uns.
Ich gab ihr die Schokolade, um die sie mich am Telefon gebeten hatte und das, was ich zuvor ausgedruckt hatte.
''Das ist 'Du-weißt-schon-was'.'', sagte ich gespielt geheimnisvoll.
Wir redeten viel, sie fragte, wie es uns ohne sie erginge und was wir die Woche über getrieben haben.
Mit der Zeit wurde ich ruhiger und starrte oft aus dem Fenster.
Mich faszinierte die Aura des Gemäuers, denn sie versprühte starke Nostalgie.
Ich fühlte mich seltsamer Weise wie zu Haus.
Langsam wurde es dunkel draußen.
Mein Bruder langweilte sich, nörgelte rum.
Es gab keine Gesprächsthemen mehr.
Also wurde sich wieder voneinander verabschiedet.
Und wieder machten wir uns auf den Weg durch die unendlichen Flure. Die vielen alten Treppen runter, welche an Hotels aus den 50ern erinnerten und raus.
Aus der Überdachung strahlten Lampen in grellem Weiß auf uns herab, während neben uns sanfte Stimmen aus dem Dunkel heraus miteinander flüsterten.
Viele winzige Käfer schwebten im anziehenden Licht.
Sie sahen aus wie ruhelose Seelen, welche träge und kraftlos durch das helle Nichts schwimmend auf Erlösung hofften.
Als ich einige Schritte weiterging und tief die frische Abendluft einatmete, bemerkte ich, dass der Gestank von Siechtum und Tod an mir haftete.
Und selbst der aufgehende Mond strahlte gelb wie ein Geschwür über die dahinfließende Autobahn hinweg.
Eure Gleyfin
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Als wir in die Küche kamen, war er gerade am Essen. Wir sollen uns fertig machen, sagte er, während er sein Brot verschlang. Schnell schmierte er auch meinem Bruder etwas für die Hand.
Ich wollte nichts essen.
''Ich fahre schnell meine Tochter abholen.'' rief er dann, als er schon halb zur Tür raus war.
Mir klappte der Mund auf.
Genervt setzte ich mich an den Computer, um einige Seiten meiner Geschichte für meine Mutter auszudrucken.
Neun Seiten.
Mehr nicht.
Der Drucker brauchte lange.
Ich saß zurückgelehnt im Sessel und starrte mal an die Decke, mal aus dem Fenster.
Verträumt betrachtete ich die malerischen Wolken, während neben mir der Drucker ächzte.
Alles wartete auf mich und mir war es egal.
Als ich mich schweigend in den Wagen gesetzt hatte, schob ich mir hektisch meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Musik laut auf, damit ich nichts zu hören bekam.
Müde schaute ich aus dem Fenster, sah, wie alles an mir rasendschnell vorbeizog
und schlief ein.
Als ich wieder erwachte, blendete die Sonne mich.
Immer noch war der Himmel wunderschön.
So unnatürlich.
Ich machte die Musik aus, lies jedoch die Kopfhörer in den Ohren, um ungestört zu bleiben.
Wir brauchten eine scheinbare Ewigkeit, bis wir im Krankenhaus waren. Staus und Umleitungen, ein dümmliches Navigationssystem und meine Allergie gegen Klimaanlagen führten dazu, dass ich mich unglaublich schlecht fühlte.
Alles in mir schrie nach frischer Luft, festem Boden unter den Füßen und Schlaf.
Alles in mir zog sich zusammen.
Als ich kurz vor dem Erbrechen war und mir der Gedanke durch den Kopf schoss, dass gar nicht die lange Autofahrt, sondern die Angst, sie als ein Häufchen Elend vorzufinden, Grund für meine Übelkeit sein könnte, waren wir endlich da und ich verdrängte diesen Gedanken schnell wieder.
Und wieder ließ ich mir viel Zeit und schlich den Anderen hinterher.
Als wir im Gebäude waren, nahm ich nicht viel wahr. Ich folgte lediglich den hallenden Schritten vor mir durch verwinkelte Gänge.
Vor einer Tür blieben wir dann stehen.
214.
Ich trat als Letzte in den Raum.
Zwei Frauen strahlten uns fröhlich aus Krankenbetten an.
Die eine war fremd, die andere meine Mutter.
Noch ein mal kam mir der Gedanke, dass es ihr elendig gehen könnte, doch ich war erleichtert, als ich ihr die rasche Genesung ansah.
Wir begrüßten uns.
Ich gab ihr die Schokolade, um die sie mich am Telefon gebeten hatte und das, was ich zuvor ausgedruckt hatte.
''Das ist 'Du-weißt-schon-was'.'', sagte ich gespielt geheimnisvoll.
Wir redeten viel, sie fragte, wie es uns ohne sie erginge und was wir die Woche über getrieben haben.
Mit der Zeit wurde ich ruhiger und starrte oft aus dem Fenster.
Mich faszinierte die Aura des Gemäuers, denn sie versprühte starke Nostalgie.
Ich fühlte mich seltsamer Weise wie zu Haus.
Langsam wurde es dunkel draußen.
Mein Bruder langweilte sich, nörgelte rum.
Es gab keine Gesprächsthemen mehr.
Also wurde sich wieder voneinander verabschiedet.
Und wieder machten wir uns auf den Weg durch die unendlichen Flure. Die vielen alten Treppen runter, welche an Hotels aus den 50ern erinnerten und raus.
Aus der Überdachung strahlten Lampen in grellem Weiß auf uns herab, während neben uns sanfte Stimmen aus dem Dunkel heraus miteinander flüsterten.
Viele winzige Käfer schwebten im anziehenden Licht.
Sie sahen aus wie ruhelose Seelen, welche träge und kraftlos durch das helle Nichts schwimmend auf Erlösung hofften.
Als ich einige Schritte weiterging und tief die frische Abendluft einatmete, bemerkte ich, dass der Gestank von Siechtum und Tod an mir haftete.
Und selbst der aufgehende Mond strahlte gelb wie ein Geschwür über die dahinfließende Autobahn hinweg.
Eure Gleyfin
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