Mittwoch, 21. November 2012
Der Wald
gleyfin, 19:57h
Er besteigt den schmalen Pfad.
Aufwärts, immer weiter.
Gewandet wie ein Jägersmann.
Rechts die dunklen Riesen, sich knorrig an die Hänge krallend. Links saftig grüne Wälder.
Wellengleich bis zum Horizont erstrecken sie sich, weit unten und doch den Himmel empfangend.
Die Schatten tanzen mit dem Sonnenlicht.
Er sieht die Grenze, ein kleines Schild.
Bläst das Horn und der Schall geht über Berg und Tal.
Und es beginnt.
Die Jagd, die Flucht, das Überleben.
Der Jägersmann verblasst im lebenden Grün des atmenden Waldes.
Sie wandern fröhlich, mit gutem Gepäck.
Auf zur alten Hütte, auf zu alten Freunden.
Kinder lachen, Große reden, bis sie erspähen die dunkle Fassade aus erschlagenem, leblosem Holz.
Ein Wagen steht dort und die Szene verschwimmt.
Düsternis flutet das wilde Bild.
Als sie ebbt, die Finsternis, sitzen sie im Wagen.
Dunkel wie der Wald, und ebenso alt.
Das Lachen längst erstorben, denn große Furcht zehrt am Leben.
Und plötzlich kracht und rumpelt es, faules Blut spritzt an die eingestaubten Scheiben.
Sie stöhnen und lechzen nach frischem Fleisch, hauchen toten Atem an das Glas.
Es stinkt und die Luft erkaltet vor Todesangst.
Sie weinen, die wenigen im Wagen, umarmen und bangen, hoffen und warten.
Und plötzlich ist es Stille.
Die verzerrten, maroden Gesichter, die geistlosen, wilden Augen, das faule, zerfallende Fleisch. Alles ist fort, doch der Gestank nach Tod bleibt.
Das Licht ist seltsam monoton.
Nicht hell, nicht düster. Ein Zwielicht ohne wahre Quelle.
Sie wagen sich davon, rennen durch den Wald, keine Spur vom Jägersmann.
Jappsend und hustend gelangen sie bald, mit rasendem Herz, an ein anderes Haus.
Verlassen steht es dort, mit grünem Umhang der Einsamkeit.
Sie treten ein, sind verloren, nur noch wenige.
Keine Großen, nur die Jugend, sucht verzweifelt nach Verstecken.
Doch nichts lässt Schutz zu.
Ein kleines Kind, einem Säugling gleich, wimmert und schreit und da ahnt sie es.
Das Rumoren vor dem Hause erkennt sie sofort.
Denn schon einmal hatte sie es gehört.
Es ist der Wagen, der alte grüne.
Gefahren von zwei hageren Gestalten.
Türen knallen, unheilbringendes Stöhnen zerreißt die schreckliche Stille.
Schweiß tropft von der Stirn, als sie aus dem Fenster blickt.
Der Tod, das Virus, kriecht im Hof, sucht den Eingang - ihr Verderben.
Sie überlegt, blickt wild umher.
Ein Wagnis eingehen, auf dem Dach?
Sie treten in die Räume ein, suchen, riechen nach dem jungen Leben.
Gerade will sie klettern, da entsinnt sie sich des letzten Males, der Falle, doch nicht dem Ende.
Und abrupt ist sie ganz allein.
Ein anderes Haus, gut bestückt und ausgebaut.
Tief im Wald, wie alles zuvor.
Und keine Spur vom Jägersmann.
Sie rennt und keucht und blickt umher.
Außen führt ein ewiger Balkon, einmal ums ganze, weiße Haus herum.
Noch beim Laufen wird bemerkt, dass sich plötzlich etwas tut.
Eine Gestalt, das Gesicht nicht älter als ihres, verfolgt mit wildem Blick und schnellem Schritt, die verzweifelte, ganz einsam.
Sie blickt zurück und wieder nach vorn, ihr Atem geht trocken und heulend, das Herz klopft schmerzhaft in der Brust.
Mit einem Mal, ganz unerwartet, sind wieder Leute da.
Fremde Menschen, fröhlich lachend, auf einer Terrasse sitzend.
Sie schreit und bettelt und fleht, doch niemand hört.
Jeder sieht nur sein Gegenüber, Wein schlürfend, sich vergnügend.
Sie weint und sieht, wie er sich nähert und gierig nach ihr langt.
Und die Szene verschimmt erneut, alles versinkt in ewiger Dunkelheit eines Augenblicks.
Als sich das Bild wieder klärt, steht sie da, durchnässt vom Wasser.
Mit tropfendem Haar unter der vertrauten Dusche.
Sie steigt hinaus in den gekachelten Raum.
Das Licht schimmert immer noch wie im Traum.
Sie trocknet sich und wirft ein Handtuch um, als das bekannte Gesicht hinter der Tür erscheint.
Spitzbübisch grinsend, verrückt und wild.
Plötzlich und klar, wie durch sauberes Glas.
Nebel wie Eis hängt am Rahmen und der Luft.
Sie schreit und steht wie angewurzelt, blickt in sein Gesicht. Das Haar dunkel, die Augen fremd und funkelnd.
Sie reden und die Tür erbebt, seine Wut lähmt jedes Leben.
Doch nach einem Atemzug, nach einem Augenblick, scheint aller Zorn verebbt.
Die Menschlichkeit kehrt in ihn zurück.
Und Langsam, mit zitternder Hand, öffnet sie die gläserne Tür.
Keine Spur vom Jägersmann...
...bereits 528 x gelesen
Aufwärts, immer weiter.
Gewandet wie ein Jägersmann.
Rechts die dunklen Riesen, sich knorrig an die Hänge krallend. Links saftig grüne Wälder.
Wellengleich bis zum Horizont erstrecken sie sich, weit unten und doch den Himmel empfangend.
Die Schatten tanzen mit dem Sonnenlicht.
Er sieht die Grenze, ein kleines Schild.
Bläst das Horn und der Schall geht über Berg und Tal.
Und es beginnt.
Die Jagd, die Flucht, das Überleben.
Der Jägersmann verblasst im lebenden Grün des atmenden Waldes.
Sie wandern fröhlich, mit gutem Gepäck.
Auf zur alten Hütte, auf zu alten Freunden.
Kinder lachen, Große reden, bis sie erspähen die dunkle Fassade aus erschlagenem, leblosem Holz.
Ein Wagen steht dort und die Szene verschwimmt.
Düsternis flutet das wilde Bild.
Als sie ebbt, die Finsternis, sitzen sie im Wagen.
Dunkel wie der Wald, und ebenso alt.
Das Lachen längst erstorben, denn große Furcht zehrt am Leben.
Und plötzlich kracht und rumpelt es, faules Blut spritzt an die eingestaubten Scheiben.
Sie stöhnen und lechzen nach frischem Fleisch, hauchen toten Atem an das Glas.
Es stinkt und die Luft erkaltet vor Todesangst.
Sie weinen, die wenigen im Wagen, umarmen und bangen, hoffen und warten.
Und plötzlich ist es Stille.
Die verzerrten, maroden Gesichter, die geistlosen, wilden Augen, das faule, zerfallende Fleisch. Alles ist fort, doch der Gestank nach Tod bleibt.
Das Licht ist seltsam monoton.
Nicht hell, nicht düster. Ein Zwielicht ohne wahre Quelle.
Sie wagen sich davon, rennen durch den Wald, keine Spur vom Jägersmann.
Jappsend und hustend gelangen sie bald, mit rasendem Herz, an ein anderes Haus.
Verlassen steht es dort, mit grünem Umhang der Einsamkeit.
Sie treten ein, sind verloren, nur noch wenige.
Keine Großen, nur die Jugend, sucht verzweifelt nach Verstecken.
Doch nichts lässt Schutz zu.
Ein kleines Kind, einem Säugling gleich, wimmert und schreit und da ahnt sie es.
Das Rumoren vor dem Hause erkennt sie sofort.
Denn schon einmal hatte sie es gehört.
Es ist der Wagen, der alte grüne.
Gefahren von zwei hageren Gestalten.
Türen knallen, unheilbringendes Stöhnen zerreißt die schreckliche Stille.
Schweiß tropft von der Stirn, als sie aus dem Fenster blickt.
Der Tod, das Virus, kriecht im Hof, sucht den Eingang - ihr Verderben.
Sie überlegt, blickt wild umher.
Ein Wagnis eingehen, auf dem Dach?
Sie treten in die Räume ein, suchen, riechen nach dem jungen Leben.
Gerade will sie klettern, da entsinnt sie sich des letzten Males, der Falle, doch nicht dem Ende.
Und abrupt ist sie ganz allein.
Ein anderes Haus, gut bestückt und ausgebaut.
Tief im Wald, wie alles zuvor.
Und keine Spur vom Jägersmann.
Sie rennt und keucht und blickt umher.
Außen führt ein ewiger Balkon, einmal ums ganze, weiße Haus herum.
Noch beim Laufen wird bemerkt, dass sich plötzlich etwas tut.
Eine Gestalt, das Gesicht nicht älter als ihres, verfolgt mit wildem Blick und schnellem Schritt, die verzweifelte, ganz einsam.
Sie blickt zurück und wieder nach vorn, ihr Atem geht trocken und heulend, das Herz klopft schmerzhaft in der Brust.
Mit einem Mal, ganz unerwartet, sind wieder Leute da.
Fremde Menschen, fröhlich lachend, auf einer Terrasse sitzend.
Sie schreit und bettelt und fleht, doch niemand hört.
Jeder sieht nur sein Gegenüber, Wein schlürfend, sich vergnügend.
Sie weint und sieht, wie er sich nähert und gierig nach ihr langt.
Und die Szene verschimmt erneut, alles versinkt in ewiger Dunkelheit eines Augenblicks.
Als sich das Bild wieder klärt, steht sie da, durchnässt vom Wasser.
Mit tropfendem Haar unter der vertrauten Dusche.
Sie steigt hinaus in den gekachelten Raum.
Das Licht schimmert immer noch wie im Traum.
Sie trocknet sich und wirft ein Handtuch um, als das bekannte Gesicht hinter der Tür erscheint.
Spitzbübisch grinsend, verrückt und wild.
Plötzlich und klar, wie durch sauberes Glas.
Nebel wie Eis hängt am Rahmen und der Luft.
Sie schreit und steht wie angewurzelt, blickt in sein Gesicht. Das Haar dunkel, die Augen fremd und funkelnd.
Sie reden und die Tür erbebt, seine Wut lähmt jedes Leben.
Doch nach einem Atemzug, nach einem Augenblick, scheint aller Zorn verebbt.
Die Menschlichkeit kehrt in ihn zurück.
Und Langsam, mit zitternder Hand, öffnet sie die gläserne Tür.
Keine Spur vom Jägersmann...
... comment